Bevor wir von Brüssel nach Bern gezogen sind, habe ich meine Wörterbücher in den Keller gepackt. Ich habe mich nicht getraut, sie wegzuwerfen - obwohl ich weiß, dass die meisten Wörter und Ausdrücke, die sie enthalten, heute online zu finden und zu übersetzen sind, selbst die aus den dicksten und spezialisiertesten dieser Wörterbücher. Ich habe es nicht gewagt, sie wegzuwerfen - denn sie sind Teil meiner Geschichte.
Wörterbücher haben mich von meinem Studium bis zu meinen ersten Jahren als freiberufliche Übersetzerin begleitet. Noch bevor Online-Datenbanken immer besser wurden, noch bevor Translation-Memory-Systeme von uns lernten, noch bevor Google lernte, mit jedem online veröffentlichten Text bessere Übersetzungen zu liefern. Bevor Deepl noch bessere Ergebnisse lieferte - und bevor KI zur Erstellung von Websites und Inhalten eingesetzt wurde (und ja, ich habe mich auch damit beschäftigt, was KI zu meinem Thema "Von Gutenberg bis KI" zu sagen hat... und ich war erleichtert zu sehen, dass wir noch nicht ganz Gefahr laufen, 100% ersetzt zu werden).
Natürlich ist der obige Text semantisch und logisch vollkommen korrekt. Er ist stark ("nothing short of revolutionary"), aber was da steht, sind nicht meine Worte, ist nicht meine Geschichte.
Was sind die "stories we share" - Geschichten, die wir teilen - was sind die "engaging narratives"?
Und was sind packende Erzählungen überhaupt? Sie sind packend, weil sie zu uns sprechen, weil sie eine Geschichte erzählen, mit der wir uns identifizieren können, weil sie menschlich sind. In dem obigen Text sehe ich nichts Menschliches. Ich sehe eine "riesige Landschaft" (vast landscape), ich lese von "Mechanismen" und "Zahnrädern der Innovation", aber wer ist der Erzähler dieser Geschichte?
So wie das Internet und seine Online-Datenbanken unsere Arbeitsweise erleichtert haben, kann uns die KI zweifelsohne helfen. Sie ist in der Tat ein mächtiger Mechanismus, der immer besser wird, aber sie braucht jemanden, der sie steuert. Einen Fahrer, der weiß, in welche Richtung es gehen soll, einen Dirigenten, der weiß, wie man den Text so orchestriert, dass das Endergebnis kohärent ist - jemanden, der die Anweisungen (pardon: Prompts) für die KI schreiben kann, damit sie einen guten Text liefert, und jemanden, der diesen Text mit eigenen Sinnen prüft, um zu sehen, ob er für das Zielpublikum, das er erreichen soll, geeignet ist. Dieser Jemand ist - und wird es wohl noch eine ganze Weile lang sein - ein Mensch.
Der Song "In the year 2525" hat mich immer fasziniert und gleichzeitig erschreckt.
"Your legs got nothing to do /Some machine doin' that for you" heißt es für das Jahr 5555...
Nun stehen wir kurz vor dem Jahr 2025, und wir scheinen wir diesem Szenario, in dem Teile unserer Gliedmaßen unbrauchbar werden, 3530 Jahre voraus zu sein.
Wir Büromenschen, Autofahrer, Liftbenutzer benutzen unsere Beine längst nicht so oft, wie wir es könnten.
Und jetzt, mit KI... benutzen wir da unser Gehirn? Das sollten wir. Keine KI kann den persönlichen Dialog ersetzen, die ganze Geschichte dahinter mit all ihren Facetten und möglichen Richtungen verstehen. Natürlich kann die KI einen Text vorschlagen, aber es ist die Aufgabe des Menschen, diesen Text zu interpretieren, ihm eine Bedeutung zu geben und ihn gegebenenfalls so zu ändern, dass er wirklich den Bedürfnissen entspricht.
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